Wir sind jede Sekunde mit einer Vielzahl an Reizen konfrontiert. Diese werden in unserem Gehirn aussortiert oder weiterverwertet. Doch wie genau funktioniert das?
Was passiert eigentlich in unserem Gehirn, wenn wir neue Informationen aufnehmen? Und wie entscheidet unsere graue Masse, welche Inhalte ins Langzeitgedächtnis eingegliedert werden und welche nicht? Schließlich verbleibt uns vergleichsweise wenig vom tagtäglich Erlebten für lange Zeit im Gedächtnis.
Drei-Speicher-Modell: Wie werden Informationen verarbeitet?
Hierfür muss als allererstes zwischen dem sensorischen Gedächtnis oder „Register“, dem Kurzzeitgedächtnis und dem Langzeitgedächtnis unterschieden werden. Eine neue Information muss also mehrere Stationen durchlaufen, um schließlich im Langzeitgedächtnis gespeichert zu werden – beginnend mit dem sensorischen Register.
Das sensorische Register oder Ultrakurzzeitgedächtnis
Akustische oder ikonische (visuelle) Reize treffen zuallererst auf das sensorische Register, wo sie ca. 0,5 – 2 Sekunden gespeichert werden und ein Filtersystem durchlaufen, welches sie nach bestimmten Merkmalen selektiert und schließlich an das Kurzzeitgedächtnis weitergibt. Ein interessantes Alltags-Beispiel hierfür ist die Tatsache, dass man es beim schnellen Gehen oder Laufen instinktiv nur etwa 2 Sekunden schafft, die Augen geschlossen zu halten. Nach diesen 2 Sekunden fürchtet man bereits, die Orientierung verloren zu haben, da die im Ultrakurzzeitgedächtnis gespeicherte Repräsentation der komplexen Umgebung bereits erloschen ist.
Das Kurzzeitgedächtnis oder Arbeitsgedächtnis
Die im sensorischen Register vorverarbeiteten Inhalte werden im Kurzzeitgedächtnis ca. zwischen 20 und 30 Sekunden zwischengespeichert. Der amerikanische Psychologe George A. Miller („The magical number seven„, 1956) ging davon aus, dass das Kurzzeitgedächtnis eine Speicherkapazität von ca. sieben Informationseinheiten (z.B. sieben Zahlen) gleichzeitig aufweist, was wiederum auch von Faktoren wie dem Alter oder der momentanen Konzentration abhängt. Viele ForscherInnen zweifeln diesen Umfang heute jedoch an und gehen von einer geringeren Speicherkapazität aus. Das Kurzzeitgedächtnis ist enorm anfällig für Ablenkung – und da jeder neue Input einen alten ersetzt, können Informationen schnell verloren gehen, wenn die Aufmerksamkeit verringert ist.
Das Langzeitgedächtnis
Ins Langzeitgedächtnis schaffen es schließlich jene Inhalte, die entweder durch bewusste Prozesse, wie das „erhaltende Wiederholen“ (sich z.B. eine Telefonnummer immer wieder vorzusagen), oder durch „Elaboration“ (z.B. durch Kategorisieren oder die Verknüpfung an bereits vorhandene Informationen) gespeichert werden. Auch das Glückshormon Dopamin spielt hierbei eine Rolle: Ist das Belohnungssystem im Gehirn aktiviert, können wir uns Informationen leichter merken. Das Langzeitgedächtnis zeichnet sich durch theoretisch unbegrenzte Speicherdauer und Speicherkapazitäten aus. Trotzdem können wir uns oft nicht mehr an Geschehnisse aus der Vergangenheit, z. B aus der Schulzeit, erinnern, die eigentlich noch vorhanden sein müssten. Man geht davon aus, dass dieses Wissen prinzipiell noch da ist – wir sind nur nicht mehr in der Lage, die Erinnerung ohne Probleme abzurufen.
In Kürze hier am Blog: Verschiedene Gedächtnisformen: Wie unterscheidet sich das deklarative vom impliziten Gedächtnis?